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IR Notes 202 – 22 Februar 2023
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Eine Frage an... Philippe Mareine, Personalleiter von Worldline
Sie haben gerade erst die Verhandlungen für die Einrichtung eines europäischen Betriebsrats bei Worldline abgeschlossen - nach fast dreijährigen Gesprächen (s. IR Notes 201). Welche Erwartungen stellt die Geschäftsleitung an dieses Gremium? Wegen der Covid-19-Krise haben wir tatsächlich nahezu drei Jahre gebraucht, um diese Vereinbarung auszuhandeln. Ich denke, in normalen Zeiten reichen 18 Monate. Für die Geschäftsleitung ist der EBR ein sehr wichtiges Gremium, um die Arbeitnehmervertreter in die Entwicklung des Unternehmens einzubeziehen, das fast zwei Drittel seiner 18.000 Beschäftigten in Europa hat. Jedes Jahr wird auf einer der Plenarsitzungen im Beisein des Generaldirektors und des stellvertretenden Generaldirektors die Tätigkeitsbilanz des Konzerns vorgelegt, um ein umfassenderes Bild von den Geschäftstätigkeiten von Worldline und eine bessere Gesamtsicht auf das Unternehmen zu vermitteln. Denn bei einem in Business Units aufgeteilten Konzern besteht leicht die Gefahr des Silodenkens. Dies wird wirklich ein wichtiger Augenblick sein, in dem wir die Ausrichtung des Unternehmens mit den Arbeitnehmervertretern teilen.Darüber hinaus wird der EBR nicht nur seine Aufgabe der Unterrichtung und Anhörung wahrnehmen, mit der Möglichkeit zur Abgabe von Stellungnahmen, er wird auch pro-aktiv handeln und Themen zur Diskussion stellen können. Die Mitglieder können die Tagesordnung mitgestalten, und die Geschäftsleitung wird ihre Anträge über die rein rechtlichen Verpflichtungen hinaus berücksichtigen. Die Einrichtung eines EBR ist natürlich auch ein Zeichen eines integrierten Unternehmens, mit Arbeitnehmervertretern, die kulturelle und nationale Unterschiede überwinden und mit einer europäischen Stimme sprechen. In einer Zeit, in der Unternehmen, vor allem im Technologiesektor, in einem starken Wettbewerb um Talente stehen, sind Rückmeldungen der EBR-Mitglieder an die zentrale Leitung sehr wertvoll. Vom EBR erwarte ich, dass er ein Ort des offenen sozialen Dialogs ist, modern und inklusiv. Er soll die Kultur des Unternehmens widerspiegeln und gleichzeitig dafür sorgen, dass dieser soziale Dialog Früchte trägt. Und schließlich wird es seine Aufgabe sein, auf der ersten Sitzung einen zweiten Arbeitnehmervertreter zu ernennen, der der Stimme der Mitarbeiter im Verwaltungsrat größeres Gewicht verleiht.
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Agenda
13. März Brüssel Rat „Beschäftigung und Sozialpolitik“
22. März Brüssel Dreigliedriger Sozialgipfel
28. April Budapest Internationale Konferenz über menschenwürdige Arbeit im digitalen Zeitalter, ausgerichtet von der Fakultät für Arbeitsrecht der katholischen Universität Pázmány Péter mit Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Budapest (Informationen).
3.-4. Mai Stockholm Informelle Ministertagung „Beschäftigung und Soziales“
12. Juni Luxemburg Rat „Beschäftigung und Sozialpolitik“
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Leseempfehlung Arbeitsrecht in Griechenland
Allen, die sich mit den Grundlagen des individuellen wie auch kollektiven griechischen Arbeitsrechts beschäftigen, empfehlen wir die Neuauflage des Buches „Labour Law in Greece“. Es erläutert verständlich das System der Arbeitsbeziehungen und enthält ein historisches Kapitel über die Finanzkrise, die ab 2010 das Arbeitsrecht und die Arbeitsbeziehungen im Land grundlegend verändert hat.
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Über uns
IR Notes erscheint alle 14 Tage in mehreren europäischen Sprachen (Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch und Spanisch) wird von IR Share und seinem Expertennetzwerk herausgebracht. Dieser Newsletter bietet ein europaweites Monitoring zu Arbeitsrecht, Arbeitsbeziehungen und Beschäftigungspolitik. Er kann für einen Betrag von jährlich 248,00 Euro zzgl. MwSt. auf der IR Share-Website abonniert werden
Das Team: Diese Ausgabe wurde erstellt bei Pascale Turlan und Frédéric Turlan. Erfahren Sie mehr über das IR Share-Team auf unserer Website.
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Impressum. Herausgeber: IR Share SARL - 5, Les Compères - 89520 Fontenoy - Frankreich – Tel.: +33 (0)6 81 41 53 95 - Stammkapital 1.500 Euro – Handelsregister-Nr. (RCS Auxerre): 512 567 959. Verantwortlicher für die Veröffentlichung: Frédéric Turlan. Hosting: Ideal prod - 14 rue Auguste Morel - 89100 Sens - Frankreich – Tel.: + 33 (0)3 86 83 21 21. CPPAP Nr.: 0621 Z 93933.
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Europäisches Wörterbuch der Arbeitsbeziehungen Wenn Sie die Inhalte von IR Notes vertiefen wollen, stellen wir Ihnen gerne die Links zum Europäischen Wörterbuch der Arbeitsbeziehungen zur Verfügung, das von Eurofound veröffentlicht und regelmäßig von IR Share, dem Herausgeber von IR Notes, aktualisiert wird. Das Wörterbuch ist auf English, doch die Definitionen der Begriffe lassen sich mit Online-Übersetzungstools leicht übersetzen.
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In den Schlagzeilen
Die EU unterstützt Unternehmen ohne soziale Auflagen
Als Antwort auf das US-amerikanische Inflationsbekämpfungsgesetz (Inflation Reduction Act – IRA) zur Förderung des ökologischen Wandels der amerikanischen Industrie hat die EU-Kommission am 1. Februar eine Mitteilung über den Industrieplan für den Grünen Deal vorgestellt, „mit dem die Wettbewerbsfähigkeit“ der europäischen Industrie gestärkt und der „rasche Übergang zur Klima-Neutralität“ unterstützt werden sollen (s. Pressemitteilung). Dieser Plan flankiert das vom Europäischen Klimagesetz angestrebte Ziel, die Union bis 2050 klimaneutral zu machen (s. European Green Deal). In der Mitteilung werden verschiedene Initiativen im sozialen Bereich vorgeschlagen, wie „die Einrichtung von „Net-Zero Industry Academies“, also Akademien für eine CO2-neutrale Industrie […] um Weiterbildungs- und Umschulungsprogramme in strategischen Branchen einzuführen“. Dem Europäischen Gewerkschaftsbund zufolge hinkt die EU hinterher, „was die sozialen Auflagen angeht, die gewährleisten, dass öffentliche Gelder für das Gemeinwohl verwendet werden“, während das IRA u. a. Steuergutschriften für Unternehmen vorsieht, die gut bezahlte Arbeitsplätze bieten und Auszubildende einstellen (s. Pressemitteilung). „Als Gegenleistung für grüne Subventionen“, so Luc Triangle, Generalsekretär von IndustriAll Europe, „müssen die Unternehmen einen gerechten Wandel gewährleisten, mit der Beteiligung der Beschäftigten und Tarifverhandlungen, gerechten Löhnen, hochwertigen Arbeitsplätzen und hohen Sozialstandards“ (s. Mitteilung). Es ist kaum zu verstehen, dass gerade jetzt, da die Kommission beteuert, wie wichtig Tarifverhandlungen sind - und in der Mindestlohnrichtlinie eine tarifvertragliche Abdeckung von 80 % fordert -, die Bereiche „sozialer Dialog“ und „Arbeitsbedingungen“ in der öffentlichen Politik nicht vorkommen (s. Minimum wage). Die niederländische Abgeordnete Agnes Jongerius (S & D) hat ihre Enttäuschung vor dem Europäischen Parlament zum Ausdruck gebracht. Ihrer Meinung nach hat die Kommission eine Gelegenheit verpasst: „Öffentliche Gelder sollten ausschließlich an tarifgebundene Unternehmen gehen“. Mit anderen Worten kann der ökologische Wandel nicht ohne die enge Einbindung der Sozialpartner erfolgen, die die bevorstehenden gewaltigen Krisen bewältigen müssen. Je früher sie diese zentrale Rolle erhalten, desto besser.
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1. Europäische Union
Vorhaben
Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz : Die EU-Kommission hat einen Richtlinienvorschlag vorgelegt zur Änderung der Richtlinie 2022/431 vom 9. März 2022 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit. Der berufsbedingte und biologische Belastungsgrenzwert für Blei soll gesenkt und ein neuer Expositionsgrenzwert für Diisocyanate eingeführt werden, die Atemwegserkrankungen wie Asthma verursachen können (s. Carcinogens directive revision). Diese Stoffe werden beispielsweise in der Industrie im Zusammenhang mit dem ökologischen Wandel (Herstellung von Batterien, Isoliermaterial etc.) verwendet (s. Aktuelles).
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Aktuelle soziale Themen
Sorgfaltspflicht : Der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit des Europäischen Parlaments hat am 9. Februar seine Stellungnahme zum Vorschlag für eine Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (s. Due diligence). angenommen. Der Ausschuss präzisiert die Pflichten von Unternehmen nach Art. 15, wonach der Übergangsplan der Unternehmen an die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C gemäß dem Übereinkommen von Paris „angepasst“ sein muss (und nicht nur damit „vereinbar“, wie es der Vorschlag vorsieht). Weiterhin soll ein Teil der variablen Vergütung der Mitglieder der Unternehmensleitung in Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten an die Umsetzung dieses Übergangsplans gebunden sein. > Eurobetriebsräte: Der Gewerkschaftsverband UNI-Europa hat Informationen in Form einer „Checkliste“ für EBR-Mitglieder herausgegeben, die planen, die Qualität und Relevanz der Verpflichtungen ihrer Unternehmen in Bezug auf die Sorgfaltspflicht bei der Einhaltung von Menschenrechten zu bewerten.
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- EU-Fahrradstrategie : In einer Entschließung fordert das EU-Parlament die Europäische Kommission auf, eine Strategie eigens für den Radverkehr zu entwickeln, die „Unternehmen, öffentliche Organisationen und Institutionen“ ermutigen soll, „das Radfahren durch spezifische Anreize zu fördern, darunter Programme für Arbeitnehmer […]“. Es handelt sich um eine unverbindliche Initiative, die aber dazu beitragen soll, die nationalen Rechtsrahmen weiterzuentwickeln - wie in Belgien, wo Beschäftigte im Privatsektor, die mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, ab 1. Mai eine Fahrrad-Kilometerpauschale von 0,27 Euro pro gefahrenem Kilometer erhalten, bei maximal 40 Kilometer täglich.
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- Klima-Sozialfonds : Die Vertreter der Mitgliedstaaten und der beiden Ausschüsse des Parlaments haben die politische Einigung gebilligt, die im Rat zum Vorschlag für eine Verordnung zum Klima-Sozialfonds erzielt wurde. Dieser Fonds soll Kosten im Zusammenhang mit dem ökologischen Wandel für schutzbedürftige Bürger, Kleinstunternehmen und Verkehrsteilnehmer ausgleichen (s. Pressemitteilung des Parlaments und Überblick). Vor ihrer Veröffentlichung muss die Verordnung muss noch von Parlament und Rat förmlich angenommen werden.
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Rechtsprechung
Nanowerkstoffe : Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat in einem Urteil die Einstufung von Titandioxid (TiO2) als karzinogen beim Einatmen für nichtig erklärt (s. Pressemitteilung des Gerichtshofs und Urteil des Gerichts). „Diese Aufhebung ist besonders problematisch in dem Maße, in dem Unternehmen nun ihre Beschäftigten nicht mehr darauf hinweisen müssen, wenn ein Pulver Titandioxidnanopartikel enthält, obwohl der EuGH die Gefahr, die davon ausgeht, nicht ausschließt“, betont Mathilde Detcheverry von AVICENN (s. Information). Als eine der wenigen Gewerkschaften beklagte die französische Gewerkschaft CFDT „die Niederlage des Rechts der Beschäftigten auf Information, die ab jetzt nicht mehr darauf hingewiesen werden, wenn TiO2-Pulver Mikro- oder Nanopartikel enthält (s. Mitteilung der CFDT). Die französische Regierung, auf die der Antrag auf Einstufung als karzinogen beim Einatmen zurückgeht, legten Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts ein (s. Pressemitteilung der Regierung).
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- Whistleblower : Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat ein richtungsweisendes Urteil in der Rechtssache Raphaël Halet gegen PricewaterhouseCoopers (PwC) gefällt. Im Fall „Luxleaks“ hatte der Angestellte 14 Steuererklärungen von multinationalen Konzernen und zwei Begleitschreiben an einen Journalisten weitergegeben. Halet wurde von PwC entlassen und wegen Offenlegung vertraulicher Informationen zu einer Geldstrafe von 1.000 Euro verurteilt. Der Europäische Gerichtshof wog den Schaden für den Arbeitgeber und die Ergebnisse der Offenlegung gegeneinander ab. Die Offenlegung, so der Gerichtshof, „hat einen erheblichen Beitrag geleistet zu der öffentlichen Debatte über die Steuerpraktiken multinationaler Unternehmen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene“. Die „Art der verhängten Strafen und die Schwere der Auswirkungen ihrer Kumulierung, insbesondere ihre abschreckende Wirkung im Hinblick auf die Meinungsfreiheit des Klägers oder jedes anderen Hinweisgebers [...] kann nicht als verhältnismäßig im Hinblick auf das verfolgte legitime Ziel angesehen werden“. Der Eingriff in das Recht auf Meinungsfreiheit des Hinweisgebers, insbesondere in sein Recht auf die Weitergabe von Informationen war „in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig“ (s. Urteil und Legal Summary des Gerichtshofs und Pressemitteilung).
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Europäische Sozialdialog
- Sektoraler sozialer Dialog : 23 europäische Arbeitgeberverbände und 6 Gewerkschaften haben die Europäische Kommission in einem Schreiben aufgefordert, auf ihr Vorhaben zu verzichten, die Regeln für die Finanzierung des europäischen sektoralen sozialen Dialogs zu ändern (s. IR Notes 201). Die Kommission „wünscht, dass die Sozialpartner die bestehenden, projektgebundenen Haushaltslinien zur Finanzierung des sozialen Dialogs verwenden‟, so Isabelle Barthès, stellvertretende Generalsekretärin von IndustriAll Europe. „Dies führt zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand und schafft zahlreiche Unsicherheiten, vor allem für kleinere Organisationen.“ Die Sozialpartner weisen auf die Widersprüchlichkeit der Kommission hin, die einerseits erklärt, dass der „soziale Dialog noch nie so wichtig war“ und andererseits ihre politische und finanzielle Unterstützung verringert.
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Gewerkschaften
Algorithmen reglementieren : Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) hat eine Entschließung verabschiedet, in der er „eine europäische Richtlinie über algorithmische Systeme am Arbeitsplatz“ fordert, die „europäische Mindeststandards für die Entwicklung und Nutzung von Algorithmen im Beschäftigungskontext festlegt“. Der aktuelle Vorschlag für KI-Vorschriften ist laut EGB „nicht geeignet, ihre Nutzung am Arbeitsplatz zu regeln“. Beschäftigte und ihre Vertreter müssen „in einer deutlichen und verständlichen Sprache über die eingesetzten Anwendungen informiert werden“. Eine „Folgenabschätzung der Änderungen der Arbeitsbedingungen durch den Einsatz von algorithmischen Systemen, einschließlich einer Folgenabschätzung zu Grundrechten und Chancengleichheit“ ist vom „Arbeitgeber mit umfassender Beteiligung von Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretern vor der Einführung eines Systems durchzuführen“. Arbeitnehmervertreter sollten auch das Recht haben, einen externen Sachverständigen hinzuzuziehen (s. Algorithmic management).
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2. Mitgliedstaaten
Deutschland
- Nachtarbeit : Bei der Vorstellung des Jahresberichts 2022 hat die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts (BAG) Inken Gallner darauf aufmerksam gemacht, dass im Verlauf des Jahres 2023 in vielen Fällen entschieden wird, in denen es um tarifliche Nachtarbeitszuschläge geht. Es stellt sich die Frage, ob niedrigere Zuschläge für regelmäßige Nachtarbeit an das höhere Niveau der Zuschläge für unregelmäßige Nachtarbeit angepasst werden müssen (s. Pressemitteilung).
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Spanien
Diskriminierungen : Das Parlament hat ein Reformpaket angenommen, das Auswirkungen auf die Beschäftigung haben wird (s. Pressemitteilung des Abgeordnetenhauses). Das Gesetz, mit dem Gesetzesverordnung 2/2010 vom 3. März zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit und zu freiwilligem Schwangerschaftsabbruch geändert wird, sieht vor, dass gesundheitlich beeinträchtigende Schmerzen während der Menstruation zur Arbeitsunfähigkeit führen, sofern eine ärztliche Bescheinigung vorliegt. Diese Maßnahme wird vom Sozialsystem finanziert. Der „Menstruationsurlaub“ ist eine große Premiere in der EU. Das Gesetz für die tatsächliche und effektive Gleichstellung von Transmenschen und zur Gewährleistung der Rechte von LGBTI-Personen, das „diskriminierende Situationen‟ beseitigen will, enthält eine von der Gewerkschaft UGT vorgeschlagene Maßnahme: Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten werden verpflichtet, im Rahmen des sozialen Dialogs erarbeitete Pläne vorzuhalten, die den Respekt vor unterschiedlichen sexuellen Orientierungen und der Identität und/oder der geschlechtsspezifischen Bezeichnung am Arbeitsplatz garantieren (s. Pressemitteilung UGT).
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Schweden
Bericht über die Einkommen der Elite : Ein jährlicher Bericht des Gewerkschaftsbundes LO hebt hervor, dass die wirtschaftliche Elite (bestehend aus 50 CEOs großer schwedischer Unternehmen) im Jahr 2019 über ein durchschnittliches Einkommen verfügte, das um das 60,2-fache über dem Lohn eines Industriearbeiters lag. Diese Zahl entsprach im Jahr 2020 64,8 Löhnen und im Jahr 2021 69,3 Löhnen. Die „Kluft vergrößert sich‟ stellt LO fest: Während der Corona-Krise stieg das relative Einkommen der CEOs demnach um den Gegenwert von mehr als neun Monatslöhnen von Arbeitern (s. Pressemitteilung).
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Portugal
Reform des Arbeitsmarkts : Das Parlament hat die Agenda für menschenwürdige Arbeit angenommen, die im April in Kraft treten soll. Die Ziele, die sich die Agenda gesetzt hat, beinhalten den Kampf gegen die Prekarität, ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Erwerbsarbeit und Privatleben, eine bessere Gleichstellung von Frauen und Männern sowie der Prüfstellen und eine Förderung des sozialen Dialogs. Zu den geplanten rund 70 Maßnahmen zählen: Verlängerung des Urlaubs beim Tod des Ehepartners oder eines Kindes des Ehepartners von 5 auf 20 aufeinanderfolgende Tage; Einführung eines dreitägigen Urlaubs bei perinatalen Todesfällen; Verlängerung des Vaterschaftsurlaubs von 20 auf 28 Tage; das Recht auf Telearbeit für Personen mit Kindern mit Behinderung oder chronischen oder onkologischen Erkrankungen; eine Entschädigung zur Deckung der Fixkosten von Telebeschäftigten; die Vermutung eines Arbeitsvertrags bei Plattformbeschäftigten, die bestimmte Kriterien erfüllen (s. Mitteilung der Regierung). Trotz dieser Fortschritte übt die CGTP-IN, die größte Gewerkschaft des Landes, Kritik (s. Pressemitteilung). Sie ist der Ansicht, dass diese Maßnahmen „die Probleme der Prekarität, der Deregulierung der Arbeitszeit, Angriffe auf Tarifverhandlungen und die Verletzung von Gewerkschaftsrechten und -freiheiten‟ nicht lösen.
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3. Drittstaaten
Vereinigtes Königreich
Nullstundenvertrag : Die Regierung unterstützt einen Gesetzesvorschlag, der es mit Nullstundenverträgen eingestellten Arbeitnehmern ermöglicht, von ihrem Arbeitgeber besser vorhersehbare Arbeitsbedingungen zu verlangen (wie es auch eine kürzlich verabschiedete EU-Richtlinie fordert). Dies soll verhindern, dass Beschäftigte „alles andere in ihrem Leben zurückstellen, um für Arbeitseinsätze zur Verfügung zu stehen, die womöglich nie von ihnen verlangt werden“ (s. Pressemitteilung). Diese Verträge „haben in einem modernen Großbritannien keinen Platz‟, erklärt Paul Nowak, Generalsekretär des Gewerkschaftsbundes TUC. „Sie müssten verboten werden.‟ Der Gewerkschaftsbund betont, dass die Anzahl der Personen mit Nullstundenverträgen die 1,1 Millionengrenze überschritten hat - die höchste Zahl, die jemals verzeichnet wurde (s. Pressemitteilung).
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4. Unternehmen
Europäische Betriebsräte
Erster EBR in einem indischen Konzern : Der Konzern Wipro (250.000 Beschäftigte) mit Sitz in Bengaluru, Indien, hat am 15. September 2022 eine EBR-Vereinbarung nach irischem Recht geschlossen. Dies folgte auf einen Antrag der Arbeitnehmervertreter im September 2019. Der Konzern hebt hervor, dass sich der EBR auf eine „fruchtbare und konstruktive Arbeit der Betriebsräte auf lokaler oder nationaler Ebene vor allem in Deutschland, Finnland, Frankreich, den Niederlanden und in Schweden“ stützen könne (s. Mitteilung von Wipro). Der EBR wird sich aus maximal 24 Mitgliedern zusammensetzen und im März erstmals tagen. Die Plenarsitzung wird jedes Jahr im dritten Quartal abgehalten. Deepak Parija, Senior Vice President & CHRO, Wipro Europe, sprach darüber in einem Interview mit IR Notes: Es gehe darum, „eine integrative und nachhaltige Arbeitsbeziehung mit Arbeitnehmervertretern aller Länder aufzubauen, Themen von länderübergreifendem Interesse anzusprechen und darüber zu beraten sowie der Stimme der Mitarbeiter Gehör zu verschaffen“. „Wir glauben, dass der EBR für unser Unternehmen einen Mehrwert darstellen wird, da wir so die Meinung unserer Mitarbeiter auf internationaler Ebene zu transnationalen Angelegenheiten einholen können. Der EBR wird auch die Länder abdecken, in denen formale Arbeitnehmervertretungen (noch) nicht üblich oder eingerichtet sind.“
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Arbeitsgruppen : Nach der Neuverhandlung der EBR-Vereinbarung des Konzerns Vinci (s. IR Notes 197) kam der EBR im Februar zu seiner ersten Plenarsitzung zusammen. Gewählt wurde der engere Ausschuss, der sich aus einem Vertreter für jedes der sechs Länder zusammensetzt, in denen das Unternehmen die meisten Beschäftigten hat: Deutschland, Frankreich, Tschechien, Portugal, Spanien und das Vereinigte Königreich. Für Alexandra Charton (CFDT), die erneut zur Vorsitzenden gewählt wurde, ist „die wichtigste Aufgabe die Einrichtung von Facharbeitsgruppen“, die sich neben den ständigen Arbeitsgruppen mit dem Thema CSR beschäftigen. „Wir waren über das Vorgehen im Unternehmen informiert“, sagt sie. „Mit den Arbeitsgruppen hoffen wir, in die Unternehmenspolitik eingebunden zu werden.“
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